Auswirkungen aus der Kindheit

Das Kind lernt sich in seiner Familie zurechtzufinden, sich anzupassen, und es reagiert auf das Verhalten und die Gefühle seiner Eltern. Als schöpferisches Wesen fühlt, handelt, reagiert und interagiert es. Es nimmt wahr, was Mama und Papa fühlen, es spürt, ob es willkommen ist, es nimmt auf, ob es eine positive/keine/negative Reaktion/Bestätigung erfährt.... Erlebnisse und Erfahrungen prägen Grundgefühle und Empfindungen des Kindes und es entwickelt (Not-)Strategien, innere Bilder und Überzeugungen über sich selbst, über Beziehungen, die Welt und das Leben. Grundgefühle und Empfindungen, sowie viele dieser Überzeugungen und Bilder tragen wir in das Erwachsenenleben hinein.


Grundbedürfnisse des Kindes nach sicherer Bindung

Für ein Kind ist die enge Verbindung zu Mutter und später auch zum Vater überlebenswichtig. Es ist auf die Versorgung angewiesen und hat das Bedürfnis nach Nähe, Wärme, Schutz, Geborgenheit, Zuwendung und darauf, dass es im Gegenüber positive Reaktionen auslöst. Auch das Bedürfnis nach Wachstum und Autonomie gehören dazu. Wenn das alles vollkommen gesund ablaufen würde, dann würden wir uns als Erwachsene gesund, kraftvoll und in Ordnung fühlen und Gefühle von Selbstvertrauen, Sicherheit und Liebe wären selbstverständlich für uns. Auch hätten wir eine gute Resilienz.


Kontakt, Beziehung, Bindung - wesentlich für die Entwicklung

Die Erfahrungen, die wir als Kind in unseren ersten   Beziehungen machen, sind prägend und haben Auswirkungen auf uns. Ein Baby spiegelt sich in den Augen der Mutter und es erfährt sich über die Mutter und später den Vater. Auch ist sein Nervensystem so aufgebaut, dass es sich noch nicht selbst regulieren und beruhigen kann. Es braucht direkten Körperkontakt, um sich zu beruhigen. Wenn dann z.B. die Mutter selbst als Kind keine Nähe bekommen hat, selbst ängstlich, ärgerlich oder nervös ist, oder ihre eigenen Gefühle unterdrücken musste, so wird sie auch mit dem Urausdruck des Babys und der Beruhigung des Babys Schwierigkeiten haben.


Bindungstrauma, Trauma der Liebe, Trauma der Identität, Entwicklungstrauma

Nicht selten führt das Verhalten von emotional belasteten Eltern beim Kind zu einem Trauma.

Bindungstrauma bedeutet, dass ein Kind eine grundsätzliche Störung in der emotionalen Bindung an seine Eltern erlebt. Zu Auslösern für ein Bindungstrauma gehören neben Gewalt, Verlassenheit, Übergriffe (Missbrauch), Kontaktlosigkeit und Ablehnung  (Trauma der Liebe) auch übermäßige Fürsorge, sich an das Kind klammern und es vereinnahmen. In dem Fall der Abhängigkeit eines Elternteils (meist der Mutter) bekommt das Kind nicht die elterliche Erlaubnis sich in die eigene Autonomie, in sein Ich (Trauma der Identität) zu entwickeln, sich von den Eltern zu lösen und eigene Entscheidungen zu treffen. In den Verhaltensweisen der Eltern zeigen sich in diesen Fällen meist eigene nicht verarbeitete Traumen. Diese bringen das Kind in Not, überfordern und hemmen es, anstatt es in ruhiger und beruhigender Stabilität in seiner Entwicklung und Selbstsicherheit zu unterstützen.

Trauma der Liebe (Prof. Dr. Franz Ruppert) bedeutet, dass ein Kind nicht die Liebe von den Eltern bekommt, die es für seine Entwicklung benötigt. (Dazu gehört z.B. das Kind ist nicht gewollt ist, wird früh fremdbetreut …)

Trauma der Identität (Prof. Dr. Franz Ruppert) bedeutet, das Kind muss eigene Bedürfnisse und eigenen Willen aufgeben, um mit einer Bindungsperson in Beziehung bleiben zu können. Z.B. Es darf sich nicht abgrenzen, muss sich mit einer Bindungsperson identifizieren …  

Entwicklungstrauma bedeutet, das Kind bekommt nicht das, was es für eine gesunde Entwicklung braucht. Z. B. die Eltern sind selbst zeitlich und arbeitsmäßig überlastet und das Kind ist sehr bemüht und fordert nicht, was es braucht, um für die Eltern keine Last zu sein.

Ein Existenztrauma (Prof. Dr. Franz Ruppert) kann entstehen, wenn ein Kind in eine lebensbedrohliche Situation kommt, der es hilflos ausgeliefert und in Todesangst ist. (Z.B. ein überlebter Abtreibungsversuch, todesbedrohliche Geburtskomplikationen, "fast" ertrinken ...)

Innere (früh-)kindliche Anteile stecken häufig in nicht aushaltbaren Erfahrungen fest

Wenn ein Baby, Kind sehr starke emotionale Erfahrungen macht, kann es diese nicht aushalten und verarbeiten. Es muss die Gefühle von Angst, Schmerz ... unterdrücken (in der Psychotherapie spricht man von abspalten), so dass es diese weniger bis kaum bis gar nicht mehr spürt. Diese abgespaltenen Anteile wirken meist auch noch im Erwachsenen


Auswirkungen auf das Erwachsenen Leben

Viele ungelöste, unverarbeitete  Empfindungen und Muster stammen aus der Kindheit, auch wenn die Erinnerung daran nicht mehr bewusst ist. Auch Erfahrungen als Ungeborenes, von der Geburt und aus der Säuglings- und frühkindlichen Zeit können als Körperempfindungen im Gehirn, Nervensystem und Körper gespeichert werden. Zum Beispiel wenn:

  • man sich allein gelassen, nicht unterstützt, hilflos, nicht wahrgenommen oder gesehen gefühlt hat
  • eigene Bedürfnisse nicht sein durften
  • man unverhältnismäßig hohe Leistungen erbringen musste, oder nur die Leistung zählte
  • man viel Streit erlebt hat
  • man abgewertet, viel geschimpft oder angeschrien wurde, keine Anerkennung bekam
  • man Übergriffe, Gewalterfahrung, Missbrauch erfahren hat
  • man nicht beschützt wurde
  • Mutter oder Vater (aufgrund ihrer eigenen Traumatisierung) nicht da oder häufig abwesend waren, sie nur mit sich beschäftigt waren, sie selbst depressiv oder krank waren, sie unberechenbar waren, sie nicht oder negativ auf die Anfragen des Kindes reagiert haben …
  • man eine frühe Trennung von der Mutter erlebt hat
  • Mutter und Vater nicht da waren, keine Zeit hatten (arbeiten ..)
  • man viele Ängste, fehlende Nähe und Unsicherheit erfahren hat
  • es Geburtskomplikationen, Krankenhausaufenthalte, Operationen gab
  • man manipuliert, häufig angeschwindelt wurde, sodass man verlernt hat sich und seiner Wahrnehmung zu vertrauen
  • man sich nicht autonom und frei aus sich selbst heraus entwickeln durfte 
  • einem nichts zugetraut wurde, man häufig korrigiert, kritisiert und verbessert wurde
  • man mit seiner Kraft, seiner Wut und/oder seinem Willen nicht angenommen wurde (Viele kennen die Botschaft: wenn du so ... bist, haben wir dich nicht mehr lieb)
  • man nicht Subjekt war, sondern objektisiert wurde
  • man wenig / keine Liebe, Nähe, Anerkennung, Geborgenheit ... erfahren hat

Dann ist es wahrscheinlich, dass diese Erfahrungen, oder Spuren davon, uns prägen und uns später als Erwachsene blockieren, feststecken lassen oder schädigen. Die Auswirkungen können sich in bestimmten  (Verhaltens-)Mustern, Beschwerden, Missempfindungen, unglücklichen Beziehungsmustern, Ängsten (Bindungsängste, Verlassenheitsängste), Schmerz, geringe Stresstoleranz, negativem Selbstbild oder Versagen zeigen.